Analyse der Bauwerksschäden August 2002

Wie die letzten Jahre zeigen, muss das Risiko infolge Hochwasserereignissen als eine Art der Naturkatastrophen in Deutschland besonders gewürdigt werden. Dass dabei auch Extremereignisse (HW500, HW 1000) möglich sind, hat das Hochwasser an Mulde und Elbe vom August 2002 bestätigt.

Dabei auftretende Schäden an Gebäuden (Durchfeuchtungs– und auch strukturelle Schäden) tragen entscheidend zum direktem wirtschaftlichen Schaden bei (Abb.1).

Um das Schadenspotential solcher Extremereignisse einschätzen zu können, bedarf es  neuartiger methodischer Ansätze und Modelle, um auch die strukturellen Schäden an Bauwerken, Einrichtungen und Infrastruktur realistisch berücksichtigen zu können.

Der Schaden wird einerseits von den Hochwassereinwirkungen, andererseits aber auch von der Verletzbarkeit des betrachteten Objektes bzw. des Bauwerks beeinflusst.

Solche Schäden werden über Verletzbarkeitsfunktionen prognostiziert. Diese  liegen aber für deutsche Gebiete nicht bzw. nur unzureichend klassifiziert vor. Zuverlässige Verletzbarkeitsfunktionen sind aber Grundlage für die Simulation von Schadensszenarien.

Die Erfassung von Hochwasserschäden und betroffenen Bauwerken bildet die Grundlage zur Entwicklung eines Bewertungssystems und zur Ableitung neuartiger Schadensfunktionen.

Das Hochwasser 2002 verdeutlicht, dass das maximale Hochwasserschadenspotential nicht weniger im Großstadtbereich sondern vielmehr in der Summe kleinerer und mittlerer urbaner Zentren zu suchen ist.

Als erste Untersuchungsgebiete (Abb.2) wurden die Städte Eilenburg und Döbeln ausgewählt. Durchgeführte Vor-Ort-Datenerhebungen konzentrierten sich auf den Einzugsbereich der Freiberger Mulde (mit Einzelbauwerksaufnahme im Stadtgebiet von Döbeln), der Zschopau und das Einzugsgebiet der Vereinigten Mulde (mit umfänglicher Einzelbauwerksaufnahme in Eilenburg) (Schwarz et al., 2005).

Vorgehensweise

Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Risikoabschätzung (Schwarz et al., 2002, Schwarz et al., 2003, Schwarz et al., 2005):

- Herkömmlich: Es erfolgt eine Zusammenfassung zu Nutzungsgruppen, ohne den Bauweisen und Verletzbarkeiten Rechnung zu tragen (schwarze Linien in Abb. 3). Die Schadensfunktionen DF (Damage Function) lassen sich entsprechend der Flächennutzung oder auf Einzelobjekte differenziert nach Unterkellerung und Etagenzahl anwenden.

- Neuartig: Den Objekten können Schadensgrade für die strukturelle Schädigung zugewiesen werden (rote Linien in Abb. 3). Die Schadensfunktionen SDF  (Specific Damage Function) lassen sich differenziert nach Unterkellerung und Etagenzahl anwenden und berücksichtigen die Verletzbarkeit des Objektes (Schwarz et al., 2005).

Hochwassereinwirkung

Wie Beispiele aus dem Augusthochwasser 2002 zeigen, ist die Schädigung unter Hochwassereinwirkung auf die Kombination verschiedener Einwirkungsparameter zurückzuführen (Abb.5).


Primäre Parameter der Hochwassereinwirkung:

  1. Überflutungshöhe h (Abb.4)
  2. Fließgeschwindigkeit v
  3. Verweilzeit dv

Sekundäre Parameter der Hochwassereinwirkung:

  1. Anstiegsgeschwindigkeit
  2. Geschiebetransport + Anprall von Material
  3. Schwall (z.B. Flutwellen durch Dammbruch)

Analyse der Bauwerksschäden vom August-Hochwasser 2002 (Schadensfälle)

Entwicklung  und Anwendung von verletzbarkeitsorientierten Schadensfunktionen (SDF)

Bei bisher zur Anwendung kommenden Schadensfunktionen werden die Verluste in Abhängigkeit von der Nutzung und der Überflutungshöhe bestimmt. Die Schadensfälle in Abb.5 zeigen jedoch, dass bei ähnlichen Einwirkungsgrößen verschiedenartige Schadensbilder auftreten können. Ursache hierfür ist die unterschiedliche Verletzbarkeit der Bauwerke bzw. der Bauweisen.

Wesentliche Elemente der Verletzbarkeit sind (Abb. 6):

  1. Kellergeschosswände
  2. Erd- und Obergeschosswände
  3. Kellerdecke
  4. Erd- und Obergeschossdecke

Aus den Schadensdaten können bauweisenspezifische Schadensfunktionen (SDF) für die Wohnbebauung abgeleitet werden (Abb.7 und 8). Die Schadensfunktionen (SDF) werden anhand des Hochwasserereignisses vom August 2002 in verschiedenen Untersuchungsgebieten validiert. Die Übereinstimmung mit den tatsächlich aufgetretenen Schäden ist bemerkenswert (vgl. Tabelle 1).

Abb. 9 vermittelt einen Eindruck der prognostizierten Verteilung der Schäden im Untersuchungsgebiet Eilenburg, wobei die Schäden auf Basis der Flächennutzungsdaten (ATKIS) dargestellt werden. Die Berechnung des Schadens erfolgt auf Ebene der Einzelgebäude (mikroskalig).

 

Ergebnisse

Die Ergebnisse dieser Untersuchungen und der nachfolgenden Projekte sind im EDAC-Hochwasserschadensmodell zusammengefasst, mit welchem ein leistungsfähiges Werkzeug für die Hochwasserschadens- und Verlustprognosse zur Verfügung steht.

Literatur

Sächsische Staatskanzlei (2002): Augusthochwasser 2002 Schadensausgleich und Wiederaufbau im Freistaat Sachsen

Deutsche Rückversicherung AG (2002): Infobroschüre 'Das Extremhochwasser im August 2002 in Deutschland

EDAC 2003 nach Federal Emergency Management Agency 386-2

Maiwald, H. (2007): Ingenieurmäßige Ermittlung von Hochwasserschadenspotentialen im mikroskaligen Bereich, Dissertation Bauhaus-Universität Weimar, Schriftenreihe des Instituts für Konstruktiven Ingenieurbau, Heft 011

Sächsische Aufbaubank SAB (2004): Auskunft zur Schadenssumme im privaten Wohnbereich für Eilenburg und Döbeln

Schwarz J., Raschke, M. and Maiwald, H. (2002): Seismic Risk Studies for Central Germany on the Basis of the European Macroseismic Scale EMS-98. 12th European Conference on Earthquake Engineering, Elsevier Science Ltd., Paper Reference 295.

Schwarz, J., Maiwald, H., Gerstberger, A. (2005): Quantifizierung der Schäden infolge Hochwassereinwirkung: Fallstudie Eilenburg, Bautechnik 82, (2005, 12), S. 845 -- 856.Schwarz, J.,

Raschke, M., Maiwald, H. (2006): Comparative Seismic Risk Studies for German Earthquake Regions on the Basis of the European Macroseismic Scale EMS-98. Natural Hazards, Volume 38, Issue 1, pp 259–282

 

Hochwasser