Bearbeitungsstufen

Bearbeitungsstufen bezogen auf die Datenebenen

Die Quantifizierung der Schadenspotentiale bzw. die seismische Risikokartierung erfolgte in unterschiedlichen Bearbeitungsstufen, die sich in der Qualität der Produkte und dem Aufwand ihrer Erstellung unterscheiden. Diese Stufen und ihre Inhalte werden von Schwarz et al. (2001, 2. Forum Katastrophenvorsorge) eingehend und clusterübergreifend für die Bereiche Seismologie/Geophysik (SEIS), Baugrund (UG), Ingenieurwesen (BAU) und Wirtschaft-Soziales-Politik (WISP) vorgelegt.

 Tabelle 1 Bearbeitungsstufen im Rahmen der seismischen Risikoanalyse und durch das Teilprojekt B3.1 vorgelegte Ergebnisse bzw. Produkte (Schwarz et al., 2002)
StufeGegenstand/ZielstellungErgebnis/Produkt (GIS-Karten)SchmöllnKöln
1Aufbereitung und Reproduktion von verfügbaren KartenModelle des Oberflächen- und Tiefenprofilsx->
Aktualisierung der Bestandsunterlagenxx*
Erfassung des Gebäudebestandesxx*
2Analyse und Interpretation von aufbereiteten DatenBewertung der Bauwerksverletzbarkeit (u.a. durch Vor-Ort-Begehung)xx*
3Berechnung innerhalb einer Datenebene des GIS-ModellsErmittlung der Standortperiodenxx ->
messtechnische Verifikationo->
Abschätzung der Bauwerksperiodenxo
messtechnische Verifikationx-> ->
4Verknüpfungen innerhalb mehrerer DatenebenenDefinition von Modellbeben und zugehörigen ingenieurseismologischen Kenngrössenxx -> -> ->
Standortanalysen: Berechnung repräsentativer Spektralbeschleunigungen in den Bereichen charakteristischer Bauwerksperiodenxx
Ermittlung von standortspezifischer Bauwerksreaktionen (z.B. Verformungen)++  ->
5Verknüpfungen innerhalb aller Datenebenen des GIS-ModellsSchadenserwartung (Schadensgrad di für das Einzelobjekt; mittlerer Schadensgrad dm für ausgewählte Gebiete)xx*
6MaßnahmenErtüchtigungsbedarf; Ertüchtigung von Einzelobjektenentfälltentfällt
 x     durch Teilprojekt B3.1 realisiert (* für kleinräumiges Testgebiet)
 o     in Arbeit
 +     realisiert für Einzelobjekte, mit Bedarf der Fortführung
->    Zuarbeit durch andere SFNK-Partner (Anzahl der Pfeile = Anzahl der Teilprojekte)

Probleme und Konsequenzen der Risikokartierung sind vornehmlich im politischen Bereich unter Kenntnisnahme der wirtschaftlichen Konsequenzen und der (bei fehlender Entwicklung eines Risikobewußtseins) nicht auszuschließenden  sozialen Beunruhigung anzusiedeln.

Stufe 6, geprägt durch die Ebene Wirtschaft-Soziales-Politik (WISP), erfordert dringend die Vorbereitung des politischen Umfelds und Aufklärung über den Handlungsbedarf.

So leitet sich die nicht unwesentliche Frage der Ergebnisdarstellung aus dem Umgang mit den Ergebnissen und möglichen Konsequenzen außerhalb der eigentlichen wissenschaftlichen Arbeit ab. Obwohl Schadenserwartungen in Form der Schadensgrade für die einzelnen Objekte vorliegen, werden die Ergebnisse über die Angabe eines mittleren Schadensgrades (dm) von Detailaussagen weggeführt.

 

Vorgehensweisen in Abhängigkeit von den berücksichtigten Einflussfaktoren

Im Rahmen der Untersuchungen werden unterschiedliche Vorgehensweisen in der Berücksichtigung von Einflussfaktoren verfolgt: (Abb. 1 bis 3 zeigen Ergebnisse für den Großstadtraum Köln: Mittlere Schadensgrade dm für Intensität I = 8 in Abhängigkeit von der gewählten Bearbeitungsstufe.)

Stufe I: Standortunabhängige Vorgehensweise

Der Einfluss der standortspezifischen Unterschiede in der Bodenbewegung (ermittelt über die verschiedenen Tiefenprofile) wird nicht berücksichtigt. Bei den deterministischen Erdbebenszenarien wird Intensitätsabnahme mit zunehmender Entfernung vom Herd berücksichtigt.

Stufe II: Standortabhängige Vorgehensweise

Zur Gewährleistung einer konsistenten Bearbeitung werden die lokalen Übertragungseigenschaften für repräsentative Standortgruppen berechnet. Über die Standortperiode oder charakteristische Merkmal des Schichtaufbaus werden Profilgruppen definiert bzw. zusammengefasst. Die Bodenbewegung wird dann über die verschiedenen Modellprofile rasterförmig festgelegt. (Dieses Raster konnte in Köln aufgrund der homogenen Untergrundsituation wesentlich größer festgelegt werden als in der Kleinstadt Schmölln). Aus den ermittelten Spektren werden in den charakteristischen Periodenbereichen allgemeiner Geschossbauten in Abhängigkeit von Bauwerkshöhe und Bauweise die seismischen Einwirkungen differenziert und schließlich die lokale Intensität ermittelt. Diese Intensitätsinkremente führen letztlich zu den Unterschieden in der Schadensverteilung gegenüber Bearbeitungsstufe I.

Stufe III: Vorgehensweise unter Betrachtung der dynamischen Bauwerkseigenschaften

Während in den Bearbeitungsstufen I und II die verschiedenen Bauweisen über die Verletzbarkeitsklassen in die Schadensanalysen eingehen, berücksichtigt Stufe (Level) III die dynamischen Bauwerkseigenschaften. Die Zusammensetzung der Gebäude nach ihrer Höhe bzw. Geschosszahl führt zu einer weiteren Modifikation der Schadenserwartung innerhalb der einzelnen Verletzbarkeitsklasssen. Ergebnisse der Bearbeitungsstufe III wären zugrunde zu legen, wenn Gebiete erhöhter Schadenserwartung oder besonders exponierte („kritische“) Bauwerke zu identifizieren wären.

Wie die Ergebnisse der Fallstudie Köln zeigen (Abb. 1 bis 3), unterscheidet sich die regionale Schadensverteilung der drei Bearbeitungsstufen. Dabei ist hervorzuheben, dass gerade die Bearbeitungsstufen II und III mit erhöhten Aufwendungen (für Datenerhebungen, Standortuntersuchungen u.ä.) verbunden sind. Es ist demzufolge von Fall zu Fall zu entscheiden, welcher Aufwand für das Untersuchungsziel tatsächlich begründet oder gar gerechtfertigt ist. Hier sind zweifellos Nutzerinteressen zu definieren bzw. die verschiedenen Bearbeitungsstufen im Rahmen eines mit den lokalen Behörden und Entscheidungsträgern abgestimmten Vorgehens zu realisieren.

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