Tsunami in Chile 2010

In der Nacht zum 27. Februar 2010 (Ortszeit 3:34 h) erschütterte ein Erdbeben der Magnitude Mw = 8.8 die Region Maule in Zentral Chile. Als Folge der großräumigen Plattenbewegungen und Subduktionsvorgänge, die durch Auf- und Abschiebungen an den beiden, sich  vertikal entgegengesetzt bewegenden Rändern der Nasca- und der Südamerikanischen Platte in einer Entfernung von ca. 100 km gekennzeichnet sind, wurde gleichzeitig ein Tsunami ausgelöst, welcher entlang der Küste der betroffenen Regionen Maule und Bío-Bío teils sehr schwere Schäden verursachte.

Ereignisspezifische Besonderheiten aus der Überlagerung der Effekte aus Erdbeben und nachfolgenden Flutwellen (Tsunami) waren Motivation, im Rahmen einer Erkundungsmission der Ingenieurgruppe der Deutschen Task Force Erdbeben im betroffenen Gebiet die Bauwerksschäden aufzunehmen und ihre regionale Verteilung zu dokumentieren. Die Ergebnisse der Erkundungsmission sind in den beiden Beiträgen in [1] und [4] ausführlich dargelegt.

Der Einsatz konzentrierte sich hinsichtlich des Tsunami auf die Untersuchung von drei betroffenen Gebieten (Abbildung 1).

Dichato

Der etwa 30 km nördlich der Stadt Concepción gelegene Ort Dichato wurde besonders schwer durch den Tsunami getroffen. Durch die Lage des Ortes an einer Bucht trafen hier besonders hohe Wellen auf das ungeschützte bebaute Gebiet.

Ca. 90 % der Bebauung (meist ein- bis zweigeschossige Einfamilienhäuser aus leichten Holzkonstruktionen bzw. adoben Bauweisen) wurde bis weit in den Ortskern hinein vollständig zerstört (Abbildung 2a). Insbesondere im unmittelbaren Küstenbereich ließen sich zusätzliche Effekte durch Erosion (Abbildung 2b und 3a) und damit verbundene Fundament-Unterspülungen beobachten (Abbildung 3b).

Talcahuano

Auch die Hafenstadt Talcahuano in der Agglomeration Concepcións wurde stark vom Tsunami betroffen.

In Talcahuano wurden geringere Wasserhöhen verzeichnet als in Dichato und Constitución, so dass sich die Erdbeben- und Wasserschäden deutlicher voneinander abgrenzen lassen. Die beobachteten Schäden an den Gebäuden durch den Tsunami sind aufgrund der geringeren Wasserhöhen und der weniger verletzbaren Bauweisen, doch eher als moderat einzuschätzen. Diese beschränken sich hier in der Regel auf eingedrückte Türen und Fenster, zerstörte Inneneinrichtungen und reine Durchfeuchtungsschäden (Abbildung 4). Bei vereinzelten stärkeren Schäden war nicht immer eindeutig ersichtlich, ob der Tsunami oder das Erdbeben die Hauptschadensursache war.

Besonders stark wurden die Hafenanlagen geschädigt. Ausdruck der aus den andauernd anströmenden gewaltigen Wassermassen generierten Kräfte sind bizarre Bilder von versetzten Booten, Containern u.ä.  (Abbildung 5 und 6).

Constitución

Die 170 km nördlich von Concepción gelegene Stadt Constitución wurde schon einmal am 22. Mai 1960 beim Erdbeben von Valdivia und durch den nachfolgenden Tsunami schwer zerstört.

Die Situation nach dem Erdbeben vom 27.2.2010 stellte sich vergleichbar mit der in Dichato dar. Der hier ebenfalls mehrere Meter hohe Tsunami konnte sich hier entlang des Flusses Río Maule einige Kilometer in das Landesinnere vorarbeiten (Abbildung 7a) und zerstörte viele Gebäude (Abbildung 7b).
Nur wenige einfache Wohngebäude, meist aus Stahlbeton- Mauerwerkskonstruktionen widerstanden (allerdings meist stark geschädigt) dem Tsunami (Abbildung 8a).

Auch hier waren die einfacheren Bauweisen (Holzkonstruktionen und adobe Konstruktionen) besonders stark betroffen, welche durch den Tsunami in der Regel schwer geschädigt bzw. vollständig zerstört wurden (Abbildung 8b und 9).

Durch den Tsunami wurden in Küstennähe entlangführende Straßen z.T. vollständig zerstört. Abbildung 10 zeigt dabei einen betroffenen Straßenabschnitt nördlich von Constitución und die schnell errichtete Behelfspiste.

Literatur

[1] Abrahamczyk, L.; Schwarz, J.; Lobos, D.; Maiwald, H.: Das Magnitude 8.8 Maule (Chile)-Erdbeben vom 27. Februar 2010 – Ingenieuranalyse der Erdbebenschäden. Bautechnik 87 (2010) 8, 462–473

[2] GEOFON, GeoForschungsZentrum Potsdam (2010):
 Automatic GEOFON Global Seismic Monitor. http://geofon.gfz-potsdam.de/geofon//seismon/globmon.html

[3] Jarvis, A., Reuter, H. I., Nelson, A., Guevara, E.: Hole-filed seamless SRTM data V3. International Centre for Tropical Agriculture (CIAT).2006 (Ed.): srtm.csi.cgiar.org

[4] Maiwald, H.; Schwarz, J.; Abrahamczyk, L.; Lobos, D.: Das Magnitude 8.8 Maule (Chile)-Erdbeben vom 27. Februar 2010 – Ingenieuranalyse der Tsunamischäden. Bautechnik 87 (2010) 10, 614–622

[5] National Geospatial-Intelligence Agency: GEOnet Names Server (GNS) (2010): earth-info.nga.mil./gns/html/index.html

tsunami (german only)